Nach dem Ergebnis der Bundestagswahl am 26. September 2021 und den nunmehr laufenden Verhandlungen zur Bildung einer Ampel-Koalition aus SPD, GRÜNEN und FDP, werden CDU und CSU aller Voraussicht nach im Dezember dieses Jahrs auf den Oppositionsbänken im Deutschen Bundestag Platz nehmen müssen.
Infolgedessen hat der scheidende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet MdB am 20. Oktober 2021 anlässlich des 71. Jahrestags zur Erinnerung an den Gründungsparteitag der CDU betont, dass es in den gegenwärtig und künftig herausfordernden Zeiten mehr denn je auf die Christdemokratie ankommen wird. Die Aufgabe der Union sei es deshalb in den nächsten Jahren konstruktive Oppositionspolitik im Bundestag zu machen. Für ihn heißt das nicht schrill, laut und populistisch in Erscheinung zu treten, sondern kluge Alternativen aufzuzeigen, um spätestens in vier Jahren auch wieder regierungsfähig zu werden. Der Anspruch der Union sei es, die Zukunft zu gestalten und unser Land gut zu führen.
Der Bundesverband Lesben und Schwule in der Union (LSU) fordert diesen Anspruch auch mit Blick auf die Politik der Union für queere Menschen ein. Konstruktive Oppositionspolitik drückt sich aus Sicht der LSU auch im Aufzeigen sachgerechter Alternativen zu reformbedürftigen Gesetzen aus, zum Beispiel bei zeitgemäßen rechtlichen Regelungen für Transmenschen oder der Einführung eines modernen Familienrechts, welches auch Regenbogenfamilien und deren Kindern eine rechtlich gesicherte Lebensgrundlage bietet. Neben der Einbringung eigener Gesetzesentwürfe im Parlament muss die Union alle parlamentarischen Möglichkeiten nutzen, um als Oppositionspartei Alternativen zur Regierungspolitik der künftigen Ampelkoalition im Bereich der LSBTIQ-Politik aufzuzeigen. Dabei kommt es auch darauf an Widersprüche in der Politik der drei Ampelparteien deutlich zu machen. Eine Möglichkeit stellt zum Beispiel die Einbringung konstruktiver Anträge zu LSBTIQ-relevanten Themen im Plenum des Bundestags dar. Als LSU sehen wir für die Union die Chance ein eigenständiges Profil bei der LSBTIQ-Politik im Parlament zu entwickeln, die dann auch Teil einer künftig wiedererlangten Regierungsfähigkeit sein kann. Erstmals seit 16 Jahren ist die LSU nicht mehr in der Vermittlerrolle zu den Regierungsparteien, sondern steht künftig an der Seite zweier Oppositionsparteien. Als LSU sind wir uns bewusst, dass wir als Organisation von nicht mehr an der Regierung beteiligten Parteien nunmehr eine andere Rolle und Herangehensweise annehmen und finden müssen. Dabei sind wir bereit zum programmatischen Halt bei LSBTIQ-politischen Themen in der Union beizutragen und wollen weiterhin aktiv im Gespräch mit Mitgliedern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur LSBTIQ-Politik in Deutschland bleiben. Für den Erfolg von FDP und GRÜNEN bei Jung- und Erstwählern waren nicht zuletzt umkämpfte gesellschaftspolitische Themen ursächlich, gerade eben auch LSBTIQ-politische Themen wie die Schaffung zeitgemäßer rechtlicher Regelungen für Transmenschen, die Aufhebung des Blutspendeverbots für Homosexuelle, die Reform des Abstammungsrechts oder die Ergänzung des Artikels 3 Grundgesetz, um das Merkmal der sexuellen (und auch geschlechtlichen) Identität. Bei letzterem wird es nicht zuletzt auf die Stimmen der Union ankommen, denn für Gesetzesbeschlüsse die das Grundgesetz ändern ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag erforderlich. Die Union hat bei diesen Themen lange -vielleicht zu lange- überholte Standpunkte verteidigt oder Entscheidungen hinausgezögert. Die Bundestagswahl hat gezeigt, dass die Stimmen der Jugend nicht automatisch linken Parteien zuzuordnen sind. Es wird Aufgabe der Union sein, den (bürgerlichen) Nachwuchs künftig nicht mehr den Liberalen und den Grünen zu überlassen.
BERLIN, 7. November 2021
DER LSU BUNDESVERBAND